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9 Vorurteile über die Telefonakquise & warum sie falsch sind

9 Vorurteile über die Telefonakquise & warum sie falsch sind

Telefonakquise im B2B-Bereich kämpft mit Vorurteilen, die oft durch unprofessionelle Call-Center verursacht werden. Doch was macht eine professionelle Telefonakquise wirklich aus? Empathisches Zuhören und individuelle Lösungen stehen im Vordergrund. Entdecke die andere Seite der Kaltakquise!

Es ist kein Geheimnis, dass die Telefonakquise für die B2B-Neukundengewinnung immer noch ein Imageproblem hat. Maßgeblich dafür verantwortlich sind vor allem klassische Call-Center, die jeden von uns privat (oft gesetzlich verboten) und geschäftlich in einer völlig unprofessionellen Art und Weise adressieren.

Ohne Empathie, standardisierte Gesprächsführung, schlechte Gesprächsvorbereitung, zweifelhafte Fachkompetenz kombiniert mit Aggressionspotenzial, und und und.
Es gibt aber eben auch diese andere Seite der Kaltakquise. Diejenige, bei denen hochprofessionell gearbeitet wird, und bei der auch Kunden Anrufe für alles andere als eine Belästigung empfinden. Gespräche, die Kunden helfen und einen Mehrwert bieten.
Daher möchte ich heute einmal mit einigen Vorurteilen aufräumen, zumindest was die Telefonakquise im Bereich B2B/Geschäftskunden angeht.

Letzte Woche hatte ich in München einen Termin bei einem Software-Unternehmen. Die Geschäftsführung und Marketingleitung hatten mich gebeten, für einen unverbindlichen Gedankenaustausch vorbeizukommen, da das Unternehmen sehr aggressive Wachstumsziele verfolgt und derzeit die Planung für verschiedenste Maßnahmen startet. Bei allen diskutierten Themen wie Marketing-Automation, Webseite-Relaunch u.v.a. ging es am Ende immer nur um das legitime Ziel der Leadgenerierung. Und natürlich haben wir auch das Thema des telefonischen Presales besprochen und da war sie wieder: Die typisch ablehnende Haltung, denn es war sofort spürbar, dass meine Gesprächspartner eine sehr vorgefertigte Meinung dazu hatten – und diese war nicht positiv.

Die Telefonakquise und ihr Imageproblem

Verantwortlich sind eindeutig Call-Center und deren unprofessionelles Vorgehen. Es ist also nochmals Zeit, alle Vorurteile aus dem Weg zu räumen, aufzuklären, und vor allem zwischen einer professionellen Telefonakquise und einem Call-Center zu unterscheiden. 

1. „Die müssen nur gut reden können!“

Diese Aussage steht dafür, dass man Leute einfach totredet, überredet und nicht zuhört.

Falsch! Professionelle Mitarbeiter im Telemarketing, Presales oder Inside Sales texten die Gesprächspartner nicht einfach zu.

Fakt ist: Mitarbeiter, die in der telefonischen Akquise arbeiten, müssen natürlich sprechen, denn sie sollten:

  • sich selbst vorstellen

  • das Unternehmen, für welches sie tätig sind, vorstellen

  • die Entscheider sowie den Bedarf für ein Produkt/eine Lösung qualifizieren

  • das Angebot, das Produkt, die Lösung adressieren

  • auf Fragen des Gesprächspartners antworten

Aber vor allem haben gute Telefonakquisiteure eine Gabe – dem Kunden zuzuhören, um seine Anforderungen und Herausforderungen zu verstehen und eine entsprechende Lösung zu offerieren.

2. „Die lesen vom Skript ab!“

Alle Telefonakquisiteure lesen vom Skript ab.

Falsch! Scripts/Gesprächsleitfäden werden im B2C und von typischen Call-Centern verwendet, nicht von professionellen Akquisiteuren im B2B-Umfeld.

Fakt ist: Bis ins Detail ausgearbeitete Telefonleitfäden findest Du in klassischen Call-Centern und wenn es ganz schlimm ist, sind diese auch noch im CRM hinterlegt – Goodbye Flexibilität und Individualität! Stellst Du eine Frage, die in dem Skript nicht vorgesehen ist oder erst später im Gespräch „geplant“ war, merkst Du sofort, wie der Call-Center-Agent ins Stolpern kommt. Professionelle Telemarketer/Presales-Mitarbeiter haben sicherlich immer einige Notizen, Daten und Informationen verfügbar. Allerdings handelt es sich hierbei um Informationen zu dem jeweiligen Unternehmen, aber sicherlich keinen Gesprächsleitfaden. Es ist legitim, eine Art Roadmap für den Call oder sogenannte „Battle Cards“ zu verwenden. Diese beinhalten jedoch keine festen Formulierungen, sondern stellen Anker dar.

3. „Taktung, Taktung, Taktung: Quantität vor Qualität“

Es geht nur um die Anzahl der getätigten Anrufe, der einzelne Kunde interessiert nicht.

Falsch! Stupides Listen abtelefonieren gibt es im professionellen B2B-Umfeld nicht.

Fakt ist: Für jedes Produkt und für jede Dienstleistung gibt es im B2B-Bereich nur eine begrenzte Anzahl von Kunden. Dieser Tatsache sind sich professionelle B2B-Vertriebsmitarbeiter bewusst und werden auch so agieren. Daher ist es auch legitim und notwendig, dass sich diese im Vorfeld eines Anrufs mit dem jeweiligen Unternehmen auseinandersetzen. Es wäre für beide Seiten einfach eine Zeitverschwendung, einen Anruf zu tätigen, wenn eigentlich klar ist, dass es keinen Sinn macht, einem bestimmten Unternehmen eine bestimmte Lösung zu offerieren.

4. „Jeder Einwand ist eine Chance!“

Wenn der Angerufene NEIN sagt, meint er JA …

Falsch! Dieser Ansatz stammt aus dem typischen Hard-Selling und wir kennen es aus dem Umfeld von Versicherungen, Immobilien, Börsengeschäften, Gewinnspielen, Lotto, Tierfutter, Stromverträge u.v.a. – dieser hat aber nichts im professionellen B2B-Umfeld verloren. Auch die von vielen Verkaufstrainern propagierten Ansätze, wie zum Beispiel erst nach dem 3./4./5. Mal NEIN aufzugeben, sind unseriös und von vorgestern. Wer es trotzdem so handhabt, darf mit der Quittung rechnen.

Fakt ist: Natürlich ist es die Intention eines Telefonakquisiteurs, ganz am Ende des Prozesses ein positives Ergebnis herbeizuführen. Dies ist von Aufgabe zu Aufgabe und branchenabhängig sehr unterschiedlich: Mal ist es die Vereinbarung eines qualifizierten Termins für den Außendienst, mal ein Abschluss am Telefon, mal die Einladung zu einer Messe/einem Webinar u.v.a. Im Rahmen eines Gespräches kommen natürlich auch Einwände hoch, und natürlich macht es oftmals Sinn, diese Einwände aufzugreifen, da sie eine offene Diskussion, ein offenes Gespräch einleiten und wesentlich dazu beitragen, dass ein Telefonakquisiteur die Situation des Kunden besser versteht und eine Lösung herbeiführen kann. Aber dies besitzt nur dann Gültigkeit, wenn die Einwände des Kunden auf Grund eines mangelnden Kenntnisstandes oder subjektiver Bedenken entstehen. Wenn ein Kunde/Interessent definitiv kein Interesse hat und/oder das offerierte Produkt/Lösung zu dem Kunden nicht passt, dann ist es auch hier im beiderseitigen Interesse, das Gespräch professionell zu beenden.

5. Das Gespräch wird (manipulativ) geführt

Wenn man das Gespräch führt, erhält man bessere Ergebnisse.

Falsch! Kunden sind nicht dumm - alles andere als das. Sie wissen sehr genau, wenn sie mit manipulativen Techniken „gesteuert“ werden und diese Art von Verkauf funktioniert zunehmend weniger.

Fakt ist: Ein professioneller Akquisiteur lässt den Kunden sprechen, stellt Fragen und führt das Gespräch. Jeder Kunde hat unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen, und um diese bestmöglich zu verstehen, gibt es nichts Besseres, als den Kunden sprechen zu lassen.

6. Man braucht eine „aggressive“ Persönlichkeit

Man muss den Kunden dahin bekommen, dass er kaufen will.

Falsch! Wann war Aggression ein guter und erfolgreicher Begleiter im Vertrieb? Ich kenne das aus eigener Erfahrung sehr gut, vor allem von Firmen und Call-Centern aus UK und den USA. Vor einigen Wochen hat mich ein Anbieter von sogenannten „Wirtschaftsgipfeln“ aus UK angerufen. Das sind Veranstaltungen auf denen (angeblich) gezielt Interessenten und potenzielle Anbieter in Form von Einzelgesprächen zusammengeführt werden. Es war ein Format, zu dem wir thematisch einfach gar keinen Bezug hatten, da der Fokus auf E-Commerce-Lösungen lag. Ich hatte dem Anrufer mehrfach gesagt, wer wir sind, was wir tun und dass es für uns nicht passt. Aber er hat einfach nicht aufgehört, sondern insistiert und weiter „verkauft“ – mit dem Resultat, dass ich irgendwann kommentarlos aufgelegt habe. Danach klingelte das Telefon noch mehrmals, Du kannst Dir denken, dass ich nicht mehr abgenommen habe. Und genau diese Erfahrung spiegelt das Bild, welches viele Menschen vom Telefonvertrieb haben - leider.

Fakt ist: Erfolgreiche Kaltakquise zeichnet sich dadurch aus, dass Du Vertrauen und eine Beziehung zum Ansprechpartner aufbaust. Jeder Akquisiteur hat seine eigene Art, das Gespräch zu führen, hierbei kann es teilweise zu sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen kommen. Allerdings ist so sichergestellt, dass die Kaltakquise authentisch ist. Sollte in einem Team ein Ansatz besonders erfolgreich sein, so sollte und muss diese Vorgehensweise natürlich im Team geteilt werden, und es ist wünschenswert, dass weitere Teammitglieder einige Aspekte und Vorgehensweisen in ihre eigene Gespräche integrieren.

7. „Man muss Druck ausüben!“

Lasst den Kunden nicht auflegen, ohne dass Ihr Euer Ziel erreicht habt.

Falsch! Es kann Situationen geben, in denen es durchaus hilfreich ist, den Kunden etwas „anzuschieben“, aber Druck ausüben und so verkaufen wollen, ist ein denkbar unprofessioneller Ansatz.

Fakt ist: Professionelle B2B-Vertriebsmitarbeiter geben Gesprächspartnern Zeit und Raum, ihre Bedenken zu äußern und Fragen zu stellen, weil es konstruktiv dazu beiträgt, Lösungen zu identifizieren.

8. „Telefonakquisiteure sind unseriös!"

Sie wollen alle nur Daten und Informationen sammeln.

Falsch! Natürlich gibt es gerade bei einigen sehr zwielichtigen Call-Centern sehr nebulöse Charaktere. Aber dass dies auf eine Vielzahl von seriösen und professionell agierenden Presales Mitarbeitern zutrifft, ist schlichtweg falsch. Jeder, der am Telefon Menschen überredet oder gar Abschlüsse fingiert, die vom Kunden so nie beauftragt wurden, ist kein Akquisiteur, sondern ein Betrüger.

Fakt ist: Für einen Gesprächspartner wird sofort und eindeutig erkennbar, wer anruft und für welches Unternehmen er aktiv ist. Und professionelle Akquisiteure verstehen und respektieren es vollkommen, wenn einige Gesprächspartner beim Erstkontakt oder zu Beginn eines Gespräches eher verschlossen sind. Sicherlich werden im Rahmen der Kundenakquise Daten aufgenommen, hierbei handelt es sich allerdings nicht um personenbezogene Daten, sondern vielmehr um Informationen, die dazu dienen, dem Unternehmen zukünftig relevante Informationen und bestmögliche Lösungen zu offerieren.

9. „Telefonieren kann jeder!"

Jeder, der ein Telefon hat, kann Kundenakquise machen.

Falsch! Eine der Aussagen, die absolut fehl am Platz ist. Jeder, der gegebenenfalls schon einmal in der Akquise gearbeitet hat, weiß, wie viele unterschiedliche Fähigkeiten erforderlich sind, um ein professioneller und erfolgreicher Telefonakquisiteur zu sein.

Fakt ist: Die wenigsten Anrufe sind einfach, und um die Vielzahl der herausfordernden Anrufe erfolgreich meistern zu können, bedarf es verschiedenster Begabungen: viel Geduld, hohe Empathie, Überzeugungskraft, Selbstbewusstsein, Vertrauen, gute Rhetorik, hohe Frustrationstoleranz und Eigenmotivation zeichnen überdurchschnittlich erfolgreiche Akquisiteure aus. Darüber hinaus haben professionelle Presales-Teams einen Coach zur Seite, der hilft, jeden Tag ein bisschen besser zu werden.

Mein Fazit:

Die Tätigkeit in der Telefonakquise ist eine immens anstrengende, fordernde Aufgabe, die nicht jedem liegt und eine Vielzahl von Fähigkeiten voraussetzt. Bitte denke an die o.g. Punkte, wenn Du das nächste Mal angerufen wirst, und Du wirst nach wenigen Sätzen bereits erkennen, ob es sich um ein professionelles Akquiseteam handelt.

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Lies auch hierzu die Sichtweise und Erfahrungen unserer Phocusianer.

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Happy calling
Philipp Moder

Bildquelle:
Shutterstock / vexworldwide


Philipp Moder

Philipp Moder, Gründer von Phocus Direct Communication, ist ein anerkannter Experte und Speaker im B2B-Vertrieb und Marketing, spezialisiert auf Vertriebsunterstützung/- outsourcing, Leadgenerierung, Inbound Marketing, Net Promoter Score und Customer Experience. Seit 1995 treibt er mit über 60 Mitarbeitern und Freelancern Innovationen voran, um B2B-Unternehmen zu messbarem Erfolg zu verhelfen. Seine Passion ist es, täglich Neues zu entdecken und sein Wissen durch Blogs, LinkedIn und auf Veranstaltungen zu teilen.

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