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Warum klassische Call Center in der B2B-Kundenakquise ausgedient haben

Warum klassische Call Center in der B2B-Kundenakquise ausgedient haben

Klassische Call Center haben ausgedient - moderne Vertriebsstrategien setzen auf Qualität statt Quantität. Erfahre mehr über die Hauptunterschiede zwischen Call Centern und modernen, erfolgreichen Vertrieb!

Du meinst, das klingt hart? Gut, ich gebe zu, dass "ausgedient" nicht unbedingt das richtige Wort ist, jedoch ist ein klarer Trend erkennbar, dass die Zeit der 08/15 Call Center bald vorbei sein könnte. Der Trend liegt ganz klar nicht bei "billig und schnell", sondern bei "Qualität und Effektivität".

Im Jahr 2016 habe ich den Artikel „Der klassische Außendienst stirbt aus“ verfasst, sicherlich einer der erfolgreichsten - und auch ein kontrovers diskutierter Blogbeitrag. Zwischenzeitlich wurde der Artikel mehr als 100.000 Mal gelesen. Wir haben viel Zustimmung erfahren - es gab auch genügend Kritik. Ein Beleg, dass wir bereits damals den Nerv getroffen haben, denn die Entwicklung zeigt, dass wir richtig lagen. Ich möchte nochmals betonen, dass wir nie darüber gesprochen haben, dass kein Außendienst mehr notwendig ist, jedoch dass sich die Aufgaben des Außendienstes radikal ändern werden, und zwischenzeitlich hat sich vieles davon bestätigt.

Damit einhergehend vertreten wir konsequent die Auffassung, dass ein professionelles Inside Sales Account Management viele Aufgaben übernommen hat oder übernehmen wird und somit ein zentraler Bestandteil einer jeden Vertriebsorganisation ist.

Man könnte nun annehmen, dass damit eine neue Ära der Call Center eingeleitet wird, oder? Nein, definitiv nicht, solange sich typische Call Center-Betreiber nicht mindestens genauso radikal neu ausrichten, wie dies auch die Außendienst-Organisationen tun sollten.

Nachstehend habe ich die aus meiner Sicht 6 größten Unterschiede zwischen einem Call Center und einem externen Vertriebsspezialisten zusammengefasst:

1. Die Falle der Call Center-Abrechnungsmodelle

Call Center rechnen sehr oft nach Anzahl bearbeiteter Adressen, Anzahl erzielter Brutto- und Nettokontakte oder ähnlich quantitativ getriebenen Kennzahlen ab. Die Zeiten solcher Abrechnungsmodelle sind definitiv vorbei. Einhergehend mit diesen Call Center-Abrechnungsmodellen ist immer eine gewisse Limitierung von Anwählversuchen, bedeutet für Dich als Kunde: Wurde die Adresse 3 Mal, 4 Mal oder 5 Mal angerufen und der Entscheider nicht erreicht, so wird die Adresse abgeschlossen. Wenn sich die vertriebliche Arbeit an der Anzahl von Anwählversuchen statt am Potenzial eines Kunden orientiert, dann läuft etwas gewaltig schief.

Es kann nicht sein, dass eine Adresse mit nachweislich oder vermutet hohem Potenzial für ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht weiter bearbeitet wird, weil die Anzahl der maximalen Anrufversuche erreicht ist, oder?

Eine Analyse unserer internen Zahlen hat ergeben, dass sich die Zahl notwendiger Anwählversuche, um einen Entscheider sprechen zu können, in den letzten Jahren fast verdoppelt hat.

Eine Übersicht über mögliche Abrechnungsmodelle im Rahmen der Leadgenerierung und des Vertriebsoutsourcings findest Du hier. Dieses E-Book wird Dir helfen, das für Dich beste Abrechnungsmodell zu identifizieren und gleichzeitig Anbieter zu entdecken, die eher als Call Center und weniger als Vertriebsspezialist einzustufen sind.

2. Fehler von Call Centern: Nur einen Ansprechpartner statt Buying Center kontaktieren

Eine alt verbreitete Untugend bei Call Center-Dienstleistern ist, dass sie, sobald ein Ansprechpartner im Unternehmen erreicht wurde, die Adresse „schließen“. Ich hatte letzte Woche eine Telefonkonferenz mit einem Interessenten, der genau aus diesem Grund mit uns das Gespräch gesucht hat. Der Interessent offeriert eine komplexe Backup-/Storage-Technologie und beklagte sich darüber, dass der Call Center-Mitarbeiter, sobald er den IT-Leiter gesprochen hatte, die Adresse als bearbeitet ansah. Auch hier dürfen Call Center ihre Hausaufgaben machen, um den heutigen Anforderungen in der Akquise Rechnung zu tragen.

Die nachfolgende Grafik stammt aus einem Survey, den CEB/Gartner gemeinsam mit Motista durchgeführt hat. Das Ergebnis zeigt, dass ein Buying Center heute durchschnittlich 5,4 Personen umfasst.

chance of purchase

Und der sehr lesenswerte Artikel „The Changing Face of B2B Marketing“ von Google unterstreicht dieses Dilemma klassischer Call Center sehr deutlich. Wenngleich dieser Artikel stark auf den digitalen Vertrieb bzw. die digitale Leadgenerierung abstellt, so zeigt er deutlich die Heterogenität des heutigen Buying Centers hinsichtlich unterschiedlichster Kriterien auf.

Lange Rede, kurzer Sinn: Moderner, erfolgreicher Vertrieb bedeutet, mit den unterschiedlichen Stakeholdern des Buying Centers in den Kontakt zu treten. Nur weil ein Kontakt kein Interesse signalisiert, ist die Adresse noch lange nicht uninteressant - hier darf über den Tellerrand gedacht werden.

3. Buyer Personas statt Zielgruppen im Call Center

Wer denkt, dass Buyer Personas rein für Inbound Marketing und Content Marketing verwendet werden können, der täuscht sich gewaltig. Gerade für den Vertrieb stellt diese moderne Art der Zielkundenbeschreibung eine Riesenchance dar, höhere Erfolge in der Akquise zu erzielen. Ein Call Center wird in der Regel die Entscheider unabhängig von ihrer Rolle und Funktion immer sehr ähnlich adressieren und dabei selten auf die Eigenschaften und Eigenheiten der unterschiedlichen Rollen und Funktionen eingehen. Denkst Du, dass ein Vertriebsleiter aus der Lebensmittelindustrie und ein Vertriebsleiter aus der Logistikindustrie dieselben Herausforderungen haben? Nein, sie gehören zur gleichen Zielgruppe, aber es sind unterschiedliche Personas.

Hier findest du ein E-Book, welches Dir das Persona-Konzept erläutert und Dir Tipps gibt, wie du Personas selbst erstellen kannst.

4. Battle Cards statt Gesprächsleitfäden im Call Center

Ableitend aus dem Thema „Personas vs. Zielgruppen“ ergibt sich das Thema von Script und Gesprächsleitfaden, die in einigen Call Centern immer noch fester Bestandteil sind. Wer kennt sie nicht, diese unsäglichen Anrufe eines Call Center Agenten, der so klingt, als ob er gerade eine Gehirnwäsche erhalten hat? Von vorne bis hinten standardisiert und keine offene Gesprächsführung. Das sind die typischen Merkmale eines Call Center Anrufs, und stelle bitte bloß keine Frage, die im Script des armen Agenten erst einige Seiten später kommt - damit bringst Du diesen Menschen komplett aus seinem Konzept. Ich persönlich finde es schlimm, dass ich oftmals schon an der Meldeformel höre, ob es sich um einen klassischen Call Center Anrufer handelt oder um einen Vertriebsspezialisten.

Wir in der PHOCUS DC verwenden stattdessen gerne sogenannte „Battle Cards“, dies sind 2- bis 3-seitige Dokumente, die alle relevanten Informationen beinhalten, die ein Inside Sales Mitarbeiter benötigt, um ein professionelles Akquisegespräch führen zu können. Vorformulierte Redewendungen und feste Gesprächsabläufe wie in einem Call Center sind hier fehl am Platz.

5. Die Technologiefalle bei Call Center-Betreibern

Es ist ja nicht so, dass Call Center keine Technologien einsetzen, aber aus meiner Wahrnehmung sind diese eben auch auf Quantität ausgerichtet. Es gibt wohl kein typisches Call Center, das keine Predictive Dialing Technologie einsetzt. Nimm Dir die Zeit und lies bitte die Websites von CWB oder Clarity quer. Bekommst Du hier genauso ein Schaudern wie ich? Ich bitte Technologieanbieter wie Clarity, CWB u.ä., dies nicht falsch zu verstehen, diese Firmen offerieren Lösungen, die ein klassisches Call Center wahrscheinlich benötigt, belegen aber eben mehr als deutlich, dass Call Center keine Daseinsberechtigung in der professionellen B2B-Akquise haben.

Lass uns auf einige Punkte kurz eingehen:

  • CWB schreibt beispielsweise „Durch den Parallelbetrieb von Inbound und Outbound können deine Mitarbeiter perfekt ausgelastet werden.“ Ok, verstehst Du jetzt, dass Mitarbeiter in Call Centern in der Regel nicht nur in vielen verschiedenen Projekten agieren, sondern dazu noch Customer Service- und Vertriebsprojekte im sprunghaften Wechsel betreuen? Wie soll das funktionieren? Nicht nur, dass die Call Center Agents in acht, neun oder gar mehr Projekten gleichzeitig agieren, es erfordert ja auch komplett unterschiedliche Skills bei den Mitarbeitern. Ich kenne keinen guten Customer Service-Mitarbeiter, der gleichzeitig ein richtig guter Akquisiteur ist.

  • CWB schreibt weiterhin „Durch GabCom Outbound werden Call Center-Agenten ununterbrochen mit Anrufen versorgt. Hierfür werden bereits vor Ende der effektiven Bearbeitungszeit eines Gespräches mittels eines intelligenten Algorithmus durch den Predictive Dialer neue Anrufe im Hintergrund aufgebaut.“ Willkommen in der Akkordarbeit, passt Akkord zu Vertrieb? Wo bleibt die Individualität? Wo bleibt eine vernünftige Gesprächsnachbereitung, wie sieht es mit einer adäquaten Gesprächsvorbereitung aus?

  • In die gleiche Kerbe schlägt Clarity mit der Formulierung „Der Predictive Dialer berechnet beim Abarbeiten der Aufträge auf Basis der durchschnittlichen Gesprächsdauer, wann der nächste Agent verfügbar sein wird, und bietet ihm den nächsten Anruf punktgenau an.“ Professionelle Neukundenakquise lässt sich nur schwer takten, wie es bei einem Produktionsbetrieb ggf. machbar ist, oder?

Sprich doch mal ein Call Center auf Tools und Methoden für Social Selling, Marketing Automation, Inbound Marketing, Social Signals, Business Information Tools, Website Besucher Analyse o.ä. an – ich wage die Prophezeiung, dass du hier oft auf ein Kopfschütteln treffen wirst. Aber genau das sind die Technologien und Methoden, die heute eine erfolgreiche Akquise auszeichnen, wenn sie in den Prozess der Neukundenakquise integriert werden.

Ebenfalls werden Call Center eine Anbindung an Dein CRM-System nicht immer als präferierte Lösung sehen, weil dann genau diese quantitativ getriebenen Prozesse nicht mehr abbildbar sind. Dabei ist unter prozessualen Aspekten eine Anbindung an das CRM-System unserer Auftraggeber einfach perfekt. Es müssen keine Daten importiert, exportiert und übermittelt werden. Wir haben ein gemeinsames Reporting und offerieren totale Transparenz, weg von der „Black Box“ hin zur Transparenz, das schafft Vertrauen.

6. „Art of modern sales“ vs. Listen abtelefonieren

Auch bei uns und anderen Agenturen, die wirklich professionelle Vertriebsarbeit für Auftraggeber durchführen, gibt es einen gewissen Spagat zwischen qualitativer und quantitativer Performance, das ist einfach so. Aber moderne Vertriebsarbeit besteht nicht darin, möglichst viele Anwählversuche und Telefonate zu führen (wie es in Call Centern die Regel ist), sondern effektiv zu arbeiten. Zur modernen Akquise gehört neben dem Telefon eben auch die Nutzung von Medien wie XING und LinkedIn, die Integration bzw. Bereitstellung des „digitalen Fußabdrucks“ von Interessenten und Kunden sowie der gezielte Einsatz von relevantem Content. Professionelle Akquisiteure sind eine unersetzliche Feedback-Quelle für das Marketing unserer Auftraggeber, welcher Content produziert werden sollte, welche Contentformate gut funktionieren und welche nicht usw.

Wenn das Akquiseteam Zugriff auf Content, auf digitale Analytik u.v.a. hat, hebst Du die Neukundenakquise auf ein neues, intelligentes Niveau. Aber dies erfordert Zeit und lässt sich mit einer Abrechnung pro Adresse oder pro Brutto-/Nettokontakt nicht abbilden.

Daraus resultierend ergibt sich auch ein neues, völlig verändertes Anforderungsprofil für die Mitarbeiter, welches stark mit der generellen Veränderung der Berufsbilder in Marketing und Vertrieb korreliert. Heute sind interdisziplinäre Kompetenzen und Skills gefragt, in Vertrieb und Marketing.

Nicht nur Call Center sind verantwortlich: mein Appell an die Auftraggeber

Eines möchte ich abschließend nicht unerwähnt lassen: Bei dem geschilderten Dilemma der klassischen Call Center-Betreiber sollte beachtet werden, dass nicht nur die Betreiber der Call Center die „bösen Buben“ sind, die Mandanten und Auftraggeber sind hier genauso gefordert. Unternehmen, die darüber nachdenken, sich eine wertvolle Unterstützung durch externe Dienstleister/Agenturen einzukaufen, müssen genauso umdenken.

Willst Du wirklich nur „billig und schnell“ oder sollte es nicht besser effektiv sein? Sei Dir bitte bewusst, dass der beauftragte Dienstleister im Rahmen der Umsetzung „Deine Stimme am Markt“ ist. Jeder von uns wurde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon einmal von einem Call Center kontaktiert, die bekannterweise nach Abschlüssen bezahlt werden, gerade im Bereich der Telekommunikation ist dies ein häufig gewählter Ansatz.

Und wahrscheinlich haben wir alle sehr ähnliche Erfahrungen gemacht – alles, was zählt, ist der Abschluss und dies wird in den Gesprächen sehr schnell deutlich. Ich nehme hier die Auftraggeber genauso in die Pflicht, warum ändern die Anbieter nicht ihre Abrechnungsmodelle mit den Dienstleistern? Ist diese einseitige Risikoverlagerung noch zeitgemäß?

Warum beschäftigen viele Unternehmen festangestellte Vertriebsmitarbeiter, die oftmals bis zu 80% oder 90% eine Fixvergütung erhalten, wollen aber die Agentur, die als verlängerte Werkbank im Vertrieb agieren soll, rein auf Erfolg bezahlen?

Wir erachten ein faires Risiko-Splitting als ein sehr fruchtbares Modell. Dies setzt allerdings voraus, dass wir auch konzeptionelle und prozessuale Verantwortung übernehmen und nicht nur das Risiko tragen.

Hast Du Interesse mehr über erfolgreiche „Case Studies in der Neukundenakquise“ mit unseren Auftraggebern zu erfahren? Nachfolgend kannst Du Dir einen ersten Eindruck über erfolgreiche Projekte verschaffen.

Case Studies Neukundenakquise

Ich freue mich auf Dein Feedback.

Happy selling

Philipp Moder

Bildquellen in Reihenfolge:
Adobe Stock / Pixelklex
Phocus DC


Philipp Moder

Philipp Moder, Gründer von Phocus Direct Communication, ist ein anerkannter Experte und Speaker im B2B-Vertrieb und Marketing, spezialisiert auf Vertriebsunterstützung/- outsourcing, Leadgenerierung, Inbound Marketing, Net Promoter Score und Customer Experience. Seit 1995 treibt er mit über 60 Mitarbeitern und Freelancern Innovationen voran, um B2B-Unternehmen zu messbarem Erfolg zu verhelfen. Seine Passion ist es, täglich Neues zu entdecken und sein Wissen durch Blogs, LinkedIn und auf Veranstaltungen zu teilen.

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