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Was Headhunter im Kontakt mit Wunschkandidaten dürfen

Was Headhunter im Kontakt mit Wunschkandidaten dürfen

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Die Direktansprache von Fach- und Führungskräften ist in der Rekrutierung qualifizierter Spitzenkräfte, auch im Vertrieb, ein bewährtes Instrument.  Denn damit werden auch Kandidaten erreicht, die nicht aktiv auf Stellensuche sind und kein akutes Wechselinteresse haben, aber in einer persönlichen Ansprache durch einen Headhunter trotzdem für eine neue Position zu gewinnen sind. Immer wichtiger für die erfolgreiche Direktansprache ist ein professionelles Research, also die Identifizierung und Kontaktierung geeigneter Kandidaten per Telefon. Research kann der ‚Königsweg‘ zum Wunschkandidaten sein, doch juristisch unbedenklich ist dieser Weg nicht. Headhunter bewegen sich - oft aus reiner Unwissenheit  - in einer rechtlichen Grauzone. So können Rechtsverstöße bei der telefonischen Erstansprache Abmahnungen,  Unterlassungsverfügungen und Strafzahlungen in fünfstelliger Höhe zur Folge haben.  

Ein Beitrag von Sylvia Gellman, Geschäftsführerin IDENT-X, Agentur für Research

Wenn das Research zum Risiko wird …

Wer High Potentials per Direktansprache identifizieren will, dringt damit zwangsläufig in die Sphäre eines anderen Unternehmens ein. Es geht um geschützte Mitarbeiterdaten. So müssen Name und Durchwahlnummer einer Zielperson in Erfahrung gebracht werden. Dann folgt das telefonische Erstgespräch. Ist die identifizierte Person fachlich und persönlich geeignet, besteht Interesse an einem Wechsel?  Verständlich, dass Unternehmen das Auftreten eines (nicht selbst beauftragten) Headhunters fast schon als feindlichen Angriff betrachten.

Juristisch ist die telefonische Identifizierung einer Zielperson im Unternehmen ein nicht unproblematischer Prozess. Es gibt einfach Grauzonen. Um die gewünschten Mitarbeiterdaten in Erfahrung zu bringen, arbeiten Headhunter zwangsläufig mit Legenden, auch Coverstories genannt. Doch, was ist dabei erlaubt? Wo fängt die Grauzone an? 

Dazu der Auszug eines Interviews, das ich mit Nils Schmidt, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Essen, geführt habe:

Sylvia Gelmann: Herr RA Schmidt, ab wann kann aus juristischer Sicht das Research zum Bumerang werden?

Nils Schmidt: Kritisch wird es wie immer, wenn der legale Bereich verlassen wird. Sich als Mitarbeiter einer Behörde vorzustellen oder mit einem falschen Titel wie Doktor oder Professor beeindrucken zu wollen, geht ganz und gar nicht. Andererseits, Coverstory hin oder her, auch die angerufenen Unternehmen tragen Verantwortung für den Schutz ihrer Mitarbeiterdaten. Gibt ein angerufenes Unternehmen sensible Daten leichtfertig heraus, dürfte das für einen Anrufer keine rechtlichen Folgen haben. Dringend abzuraten ist allerdings, Identifizierungs- und nachfolgende Kontaktierungsanrufe mit unterdrückter Rufnummer zu führen. Sollte die Rufnummer im Nachhinein doch identifiziert werden, kann das böse ins Auge gehen. In einem mir bekannten Fall aus dem Jahr 2009 kostete das den betroffenen Personalberater – neben dem ganzen Ärger von Abmahnung & Co. -  eine Strafzahlung von rund 10.000,00 Euro.

Sylvia Gelmann: … und wie sehen aus Ihrer Sicht die Spielregeln für den ersten Kontaktanruf aus?

Nils Schmidt: Bei wohl jedem Unternehmen gehen die roten Lichter an, wird bemerkt, dass die Konkurrenz via Headhunter einen Kontaktfaden ins Unternehmen spinnt.  Dazu gab es auch schon hinreichend Gerichtsverfahren. Mit Einlassungen wie  „… der potenzielle Kandidat würde durch einen Anruf am Arbeitsplatz belästigt, der Arbeitsablauf gestört, der entsprechende Telefonapparat blockiert“ … wurde dem Recruiting per Direktansprache ein Wettbewerbsverstoß nach UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) unterstellt. Die ganze Thematik ging bis zum Bundesgerichtshof (BGH). Dieser hat in zwei Urteilen von 2004 (I ZR 221/01) und 2007 (I ZR 183/04) entsprechende Klagen abgewiesen. Die Direktansprache eines Arbeitnehmers an dessen Arbeitsplatz ist demzufolge kein Wettbewerbsverstoß. Im letzten Urteil wurde jedoch auch festgestellt, dass der Anruf nicht über eine erste, einmalige und kurze Kontaktaufnahme hinausgehen darf. Offen geblieben ist, was der BGH unter ‚kurz‘ in Minuten versteht.

So führen Sie eine Erstansprache auf rechtlich sicherem Boden:

  • Beschränken Sie das Gespräch auf wenige Minuten.
  • Stellen Sie keine Fragen zu Lebenslaufdaten oder zu früheren Tätigkeiten. Bei einem strukturierten Gespräch - Empathie gehört dazu - merken Sie schnell, ob der Kandidat passt und wechselwillig ist.
  • Vereinbaren Sie einen Termin für ein ausführliches Interview außerhalb der Arbeitszeit, wenn die Zielperson in Ihr Suchraster passt. Lassen Sie sich dafür die private Telefonnummer geben.

Denken Sie an Ihren guten Ruf.

Bei Rechtsverstößen durch einen beauftragten Headhunter steht sehr schnell Ihr guter Ruf auf dem Spiel. So kann zum Beispiel eine Abmahnung dazu verpflichten, den Namen seines Auftraggebers und den Vertragspartner beim Konkurrenzunternehmen offenlegen zu müssen. So etwas bekommt der Reputation eines Unternehmens ganz und gar nicht. Übel ist ein öffentliches Gerichtsverfahren. Das kostet nicht nur Zeit und Geld und Image, sondern kann die optimale Besetzung einer Position für lange Zeit behindern.  

Professionelle Headhunter vermeiden deshalb Rechtsrisiken und fokussieren sich legal auf die gesuchten Topkandidaten.  Wer Chancen nutzen und Risiken vermeiden will, muss auch die rechtliche Seite von Research beachten. Dazu will dieser Artikel sensibilisieren. 

Herzliche Grüße

Sylvia Gellman
Geschäftsführerin IDENT X Agentur für Research

Sylvia.gellman@ident-x.de
www.ident-x.de

Bildquelle:
Sylvia Gellman

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