PHOCUS DC Blog

Die Nutzung von Anchoring und dem Kontrastprinzip im Verkauf

Die Nutzung von Anchoring und dem Kontrastprinzip im Verkauf

|

Gastbeitrag von Denny Neidhardt
Wie Du durch Anchoring und das Kontrastprinzip qualitativ bessere Abschlüsse bekommst.

In diesem Beitrag möchte ich Dir gerne aufzeigen, wie Dir Anchoring und das Kontrastprinzip dabei helfen können, qualitativ bessere Abschlüsse zu bekommen. Dafür werde ich exemplarische Beispiele anführen und diese theoretisch begründen. Um Dir die Wichtigkeit und Bedeutung dieses Prinzips aufzuzeigen, findest Du zunächst eine kleine Einführung in der Du siehst, weshalb auch ich erst lernen musste das Kontrastprinzip für mich richtig anzuwenden.

Hohe Abschlussquote, niedriger Umsatz – meine ersten Monate im Verkauf.

Nachdem ich die ersten drei bis vier Monate im Vertrieb aktiv war, im Frühjahr 2014, ergab sich ein für mich nicht zufriedenstellendes Bild. Der Verkauf von Advertorials für einen Management-Report im Handelsblatt gestaltete sich recht schwierig. Dennoch lag ich was die Anzahl meiner Verkaufsabschlüsse angeht, immerhin im oberen Drittel aller Verkäufer. An manchen Monaten war diese Quote sogar besser als bei den besten Verkaufsprofis in unserer Firma. Doch wenn ich auf das Leaderboard schaute, welches die monetäre Zielerwartung nach jedem Monat aktualisierte, fand ich mich nur noch im letzten Drittel wieder. Ich war also, was die Abschlüsse angeht (quantitativ) auf dem Level der besten Verkäufer, nicht aber beim Umsatz (qualitativ).


Pitching High – wer Angst hat, verliert

Die Ursachen dafür sind vielfältig, können aber letztlich auf einen Nenner heruntergebrochen werden: Ich wollte und konnte nicht hoch pitchen, weil ich Angst davor hatte sonst den Abschluss nicht zu bekommen. In der Zeitungsbranche werden die Preise primär aufgrund der hohen Reichweite und gefordert und gerechtfertigt. Selbst für einen Report der als Beilage in der Zeitung liegt. Reichweite bleibt Reichweite. Aber eine Investition im niedrigen fünfstelligen Bereich konnte ich einfach nicht in Relation zur Leistung sehen. Dass, obwohl ich selbst ein großer Fan von Printmedien bin und sogar während meiner Studienzeit ein eigenes Polit-Magazin (Auflage: 100 Exemplare) publiziert habe. Den Image Film für mein damaliges Magazins gibt es übrigens immer noch – Kategorie: Jugendsünde.

Wichtig ist festzuhalten, dass ich mich mit dem Produkt und zu 100 Prozent identifizieren konnte, doch war ich nicht gewohnt diese hohen Preise zu verkaufen und zu rechtfertigen.Dieses Gefühl wurde auch sehr lange noch dadurch verstärkt, dass die Abschlussquote bedingt durch den niedrigen Marktanteil, sowieso schon schwindend gering war. In der Regel war es vielleicht ein Abschluss pro Woche. Deshalb wollte ich wenigstens diesen einen Abschluss finden, um zu Wochenbeginn keine 0 – oder wie bei uns in der Firma liebevoll gesagt wird: Donut – auf der Ergebnisliste vorzufinden. Auch wenn ich nicht der beste Verkäufer werden sollte, zumindest wollte ich mir nicht nachsagen lassen, dass ich gar nichts verkauft hätte. Doch schlussendlich war auch das nur ein Kompromiss, dessen Resultat sich jeden Monat negativ auf das Leaderboard ausgewirkt hat.


"Angst hat der, der Angst hat, seine Angst zu zeigen."
- Hassan Mohsen

Sehr deutlich und auch zu recht ist mein Chef daraufhin sehr hart mit mir ins Gericht gegangen, weshalb ich mich nicht traute die hohen Preise zu pitchen. Ich wusste die Antwort, aber ich war zu feige es zuzugeben und beschuldigte alle anderen Faktoren: Die schlechte Marktsituation, unsere Ausrichtung, das fehlende Marketing und alles andere was mir noch in den Sinn kam. Zum großen Teil waren meine Punkte auch berechtigt. Dennoch waren sie keine Gründe dafür, dass meine Abschlüsse unter dem Durchschnitt lagen. Und wir beide wussten es. Was ist also passiert? Es gibt in diesem Zusammenhang zwei sehr ähnliche und inhaltlich verwandte Begriffe die diskutiert werden sollten. Anchoring und das Kontrastprinzip.

 

Über den Erwartungen - Wie man mit Anchoring bessere Verkaufsergebnisse erzielen kann

Anchoring (Anchor zu deutsch: Anker; hier auch als Fixpunkt zu verstehen) beschreibt ganz einfach gesagt den Ausgangspunkt von dem aus verhandelt wird.
Ein Beispiel: Sagen wir, ich biete eine Dienstleistung für 10.995 € an. Sobald es einen Interessenten gibt, kann dieser Preis unter Umständen bei 10.000 € vereinbart und verkauft werden. Gehe ich für die selbe Dienstleistung aber mit einem Wert von 8.995 € auf den Markt, werde ich niemals einen höheren Preis dafür bekommen, sondern die Dienstleistung für maximal 8.995 € verkaufen können. Vielleicht werde ich dabei sogar noch Abstriche machen müssen.
Jetzt könnte man argumentieren, dass mit dem geringeren Preis natürlich die Wahrscheinlichkeit steigt mehrere Käufer zu finden.

Diese Theorie funktioniert aber nur eingeschränkt. Im Printbereich, genau wie in vielen allen anderen Branchen, gibt es nur eine ausgewählte Anzahl an potenziellen Käufern. Deshalb geht der Verkauf über die Klasse, anstatt der Masse – ganz besonders bei hochpreisigen Produkten. Genau deshalb sollte hier ein möglichst hoher Anker gesetzt werden (oder geworfen, um im Bild zu bleiben). Je höher ich den Anker werfe, desto mehr Spielraum werde ich hinterher bei den Verhandlungen haben. Ein nicht zu unterschätzendes Element. Auch und gerade im Print-Bereich.
 

Pitch High – Das Kontrastprinzip

Eine Theorie die sich hinter dem Anchoring befindet, ist das Kontrastprinzip. Das Kontrastprinzip ist ein grundsätzliches Prinzip der menschlichen Wahrnehmung, welches jedem schon öfters in seinem Leben begegnet sein wird. Hier geht es um den Unterschied zwischen zwei Reizen (Stimuli), die uns unmittelbar nacheinander begegnen. Daraufhin setzen wir den einen Wert sofort in Relation zum anderen und leiten daraus unsere Schlussfolgerung ab. Wenn wir ein 5 kg schweres Paket anheben, steht dieser Wert für sich und es hängt von jedem einzelnen ab, wie er das Gewicht für sich bewertet – egal ob leicht oder schwer. Wenn wir aber zunächst ein 10 kg Paket hochheben sollen und danach erst das 5 kg Paket, wird uns das letztere Paket subjektiv, im Kontext gesehen, sehr viel leichter vorkommen, als würden wir das 5 kg Paket alleine für unsere Bemessungsgrundlage (leicht oder schwer) verwenden.
Basis für das Kontrastprinzip ist die Vergleichsgrundlage

Ein weiteres und wohl sehr bekanntes Beispiel ist das Experiment mit den drei Eimern, von denen einer mit kaltem, einer mit lauwarmen und einer mit heißem Wasser gefüllt ist. Zuerst wird eine Hand ins kalte Wasser gelegt, die andere in das heiße Wasser. Werden dann beide Hände gleichzeitig in das lauwarme Wasser gelegt, wird die Hand die zuvor im kalten Wasser war, das lauwarme Wasser als warm empfinden, hingegen die Hand aus dem heißen Wasser, die Temperatur als kälter einschätzen, obwohl der Eimer die selbe Temperatur besitzt. Das entscheidende Kriterium für die Bewertung ist also die Vergleichsgrundlage. So erklärt sich das Kontrastprinzip.


Wie kann das Kontrastprinzip im Verkauf angewendet werden?

Nehmen wir für das erste Beispiel einen Immobilienverkäufer. Glaubst Du, er wird Dir zuerst sein bestes Objekt präsentieren, welches genau zu Deinen Bedürfnissen passt oder eines von minderer Qualität? Anders gefragt: Was glaubst Du, wie er die schwer zu vermittelnden Objekte verkauft? Es gibt zwei Wege, auf denen der Immobilienmakler vorgehen kann. Im Normalfall würde Dir der Makler zunächst ein paar Häuser oder Wohnungen zeigen, die er sonst nur schwer vermitteln kann, die unter Umständen auch Mängel aufweisen.

Ist der Makler clever und will den Nutzen des Kontrastprinzips für sich arbeiten lassen, wird er Dir dieses Appartement auch für einen deutlich höheren Preis anbieten. Zur Not kann er über das Anchoring noch seine Verhandlungsspanne benutzen und Dir 'Nachlass' geben. Ist diese Wohnung für Dich interessant, aus welchen Gründen auch immer, hat er wohl ein gutes Geschäft mit Dir gemacht. Passt die Wohnung nicht zu Deinen Ansprüchen, wird Dir die zweite Wohnung, die zu den besseren Konditionen und dem besseren Umfeld, deutlich besser gefallen, oder?

Ich gehe davon aus, dass diese Wohnung dann auch vom Makler von vornherein als geeigneter für Dich angesehen war. Ich berufe mich darauf kein Makler-Experte zu sein, doch wenn das irgendein Makler lesen sollte und meint das sei absurd, dann würde ich mich gerne über eine persönliche Nachricht freuen. Übrigens lief meine Wohnungssuche zur Studentenzeit genauso ab. Drei Wohnungen sind mir vorgestellt worden. Obwohl die letzte Wohnung davon auch nicht der Renner war, war sie verglichen mit den anderen die deutlich bessere Alternative.



Wie verwenden Automobilverkäufer das Kontrastprinzip?

Um noch eine weitere Dimension in das Kontrastprinzip zu bekommen, möchte ich es hier nochmal kurz am Beispiel des Automobilverkäufers erläutern. Hier wird nämlich dazu angehalten erst den Preis für das Kraftfahrzeug zu verhandeln und erst später, wenn ein Preis fixiert worden ist, über die Extras. Das hat Methode. Denn der Trick dabei ist, dass die Extras, von getönten Scheiben bis hin zur besonderen Innenausstattung, im Verhältnis zum Preis für das Automobil, relativ gering wirken. Diese können sich aber dennoch nochmal deutlich im Gesamtpreis widerspiegeln.


Wie ich das Leaderboard nach oben kletterte

Die Theorie war für mich einleuchtend. Dennoch ist es nur ein Aspekt, um auch langfristig bessere und höhere Verkaufsabschlüsse zu erzielen. Meiner Meinung nach hatte es bei mir auch sehr viel mit der preislichen Komfortzone zu tun. Ich fühlte mich einfach wohler bei den kleineren Preisen weil ich dachte, so hätte ich bessere Chancen den Auftrag zu bekommen. Genauso war es auch. Nur das ich mir dadurch schon vor Beginn des Gesprächs den Preis madig gemacht hatte. Im übrigen kommt eine Rechtfertigung für Preisnachlässe von sehr hoher Zahl auch beim Kunden nicht gut an. Oder wie würdest Du am Telefon reagieren, wenn ich Dir von einem tollen Produkt erzählen würde, welches genau jetzt zu einem Rabatt von 70% zu bekommen wäre?

Hoch zu pitchen ist keine Kunst. Jedoch die Preise auch mit Selbstvertrauen zu vertreten, zu rechtfertigen und diese als selbstverständlich wirken zu lassen, erst da zeigt sich aus welchem Holz Verkäufer geschnitzt sind. Bei mir sind die Kundenabschlüsse Stück für Stück größer geworden. Je mehr Selbstvertrauen ich hatte, desto besser wurden meine Deals. Übrigens bei gleichbleibender Abschlussquote.

 

Über den Autor
Denny Neidhardt, geboren 1989 in Berlin, arbeitet seit Anfang 2014 im Vertrieb. Momentan ist er in London als Head of Video Germany für das englische Verlagshaus Lyonsdown Ltd. tätig. Auf seinem Blog salespitch.de analysiert er Strukturen und Prozesse für eine erfolgreiche Geschäftskundenakquise. Neben wöchentlich neuen Inhalten publiziert er auch jeden ersten und dritten Dienstag des Monats die Podcast Show Tuesdays with Bradley mit CEO und Verlagshausinhaber Bradley Scheffer: 

 

Vielen Dank für den Gastbeitrag, Denny.
Philipp Moder
Phocus Direct Communication

Form_Placeholder

“Neuland wird Heimat”

Bald lernen wir uns besser kennen - wir freuen uns auf Sie.

Damit wir auch das Thema wissen, welches Sie am meisten beschäftigt, wählen Sie bitte hierfür im Kontaktformular einfach aus unserer Themen-Auswahl aus.

Für ein erstes Gespräch sollten Sie ungefähr 20 bis 30 Minuten Zeit mitbringen. Wir stellen Ihnen Fragen, um Sie kennenzulernen, und um zu verstehen, wie wir Ihnen am besten helfen können. Und Sie haben auch bestimmt Fragen an uns.

Für Ihren Wunschtermin tragen Sie bitte auch in unserem Kontaktformular ein Datum und Ihre bevorzugte Uhrzeit ein.
Sollten wir diesen Termin nicht einhalten können. kontaktieren wir Sie per E-Mail oder telefonisch, um einen neuen Termin zu vereinbaren.

Herzliche Grüße
Ihr PHOCUS DC -Team