Warum es Spezial-Agenturen künftig schwer haben
Da ich relativ sicher bin, dass dieser Artikel polarisierende Reaktionen hervorrufen wird, möchte ich eines vorab betonen: in Marketing und Vertrieb...
Die Zeiten ändern sich - und mit ihnen das Kaufverhalten der Kunden. Immer mehr Unternehmen setzen auf Inside Sales Teams, um effizienter und effektiver im Vertrieb zu agieren. Doch was genau sind die Vorteile und wie kann auch Dein Unternehmen davon profitieren? Erfahre in diesem Artikel, welche vier Faktoren für den Aufbau eines Inside Sales Teams sprechen und wie Du die Kosten im Vertrieb senken kannst - ohne Umsatzeinbußen!
Ich habe mir heute die Zeit genommen und auf Stepstone einmal kurz die offenen Stellenangebote im Vertrieb „analysiert“. Ca. 6.500 offenen Stellenangeboten für den Bereich Außendienst stehen mehr als 7.600 offene Stellen im Bereich Inside Sales gegenüber. Momentaufnahme oder Trend?
Ich meine ein klarer Trend, der sich in den USA schon seit vielen Jahren wiederspiegelt und nun endlich auch in Deutschland ankommt. Warum? Weil Inside Sales einfach dem sich verändernden Beschaffungsverhalten konsequent Rechnung trägt. Basierend auf unserer Erfahrung, unseren Projekten und Gesprächen mit Verantwortlichen wissen wir, dass es primär vier Faktoren gibt, die Unternehmen dazu veranlassen, Inside Sales Teams aufzubauen. Warum auch Du prüfen solltest, ob Inside Sales ein Erfolgsweg für Dein Unternehmen sein kann, erfährst Du hier.
Inside Sales steht für Vertriebsmitarbeiter, die ihre Vertriebstätigkeit zu 90% vom Schreibtisch aus erbringen, Kundenbesuche sind da eher eine Ausnahmeerscheinung. Statt im Auto zu sitzen und sich im Stau zu ärgern, wird produktiv mit Telefon, E-Mail und verschiedenen Online-Tools gearbeitet. Und sollte tatsächlich ein persönlicher Besuch notwendig werden, was durchaus der Fall sein kann, so kann dies ggf. vom Inside Sales Mitarbeiter selbst und/oder von einem technischen bzw. Fachspezialisten wahrgenommen werden.
Bereits vor einigen Jahren haben renommierte Unternehmen diesen Schritt vollzogen und massiv in den Inside Sales investiert, Beispiel hierfür sind:
Astra Zeneca hat vor einigen Jahren den klassischen Außendienst-Vertrieb für Nexium (magensaftresistente Tabletten) komplett auf einen Inside Sales umgestellt; 300 Inside Sales Mitarbeiter betreuen Ärzte zu den klassischen Fragestellungen, Informationen und den Ärztemusterversand.
IBM hat vor einigen Jahren massiv in Social Media Trainings und in die Nutzung von digitalen Online Tools für seinen Inside Sales investiert, damit dieser mehr Leads generiert und ein noch besseres Beziehungsmanagement mit seinen Kunden aufbauen kann. Die ersten Resultate dieser Social Sales Initiative haben nachweislich dazu geführt, dass die „digitale Reputation“ des IBM Inside Sales Teams signifikant gestiegen ist und ein spürbarer Anstieg eingehender Anfragen erzielt wurde.
SAP hat vor einigen Jahren den Fokus des bestehenden und massiv wachsenden Inside Sales Teams geändert. Ursprünglich für die Betreuung von Endkunden vorgesehen, wurde es in der Folge für die Betreuung und Entwicklung der SAP Channel Partner herangezogen. Dieser „Switch“ war Bestandteil einer strategischen Initiative von SAP, um den Anteil des Channel-Geschäfts zu forcieren.
HP hat im Rahmen eines internen Transformationsprozesses eine weltweite Inside Sales Organisation an drei Standorten aufgebaut, um effizienter und effektiver im Vertrieb zu agieren – in 2016 umfasste das Team mehr als 700 Mitarbeiter und laut Alice Coatalem, Hewlett Packard´s Vice President for Inside Sales Europe EMEA, hat sich der Inside Sales geradezu zu einem Wachstumsmotor für HP erwiesen.
Und auch in der deutschsprachigen Region kann man branchenübergreifend diesen Trend erkennen. So hat einer der großen Player im Sanitärbereich vor kurzem ein reines Inside Sales Team für die Betreuung der Handwerker ins Leben gerufen und ein Anbieter von Lösungen für die Prozessluft-Kühlung hat im Rahmen der Prüfung seiner Go-To-Market Strategie entschieden, einen Inside Sales einzuführen.
Unternehmen tragen sich also zunehmend mit dem Gedanken, diese Inside Sales Teams im Haus zu implementieren oder diese Aufgabe an einen professionellen externen Vertriebs-Spezialisten zu übergeben. Die Vergabe an einen externen Dienstleister kann gerade im Rahmen der Implementierung einen signifikanten Vorteil darstellen. Professionelle Spezialisten haben die Aufgabe und die damit verbundenen Prozesse schon mehrfach implementiert, sie wissen um die Klippen und die Erfolgsfaktoren. Darüber hinaus verfügen externe Vertriebs-Dienstleister in der Regel auch über entsprechende Technologien, die für einen effizienten und effektiven Inside Sales notwendig sind.
1. Die Kosten des Vertriebs
Auch wenn die Gehaltsspanne in Abhängigkeit von Branche, Alter u.ä. stark schwankt, so ist eine Einsparung von bis zu 20% gegenüber einem klassischen Außendienst quasi garantiert. Darin ist die wesentlich höhere Produktivität eines Inside Sales Teams im Vergleich zu einem klassischen Außendienst-Team noch nicht berücksichtigt. Addiert man diese hinzu, so wird man schnell auf ein Einsparpotenzial von > 30% kommen.
2. Das Kaufverhalten der Kunden
Kunden sind es heute nicht nur gewohnt, viele wünschen es sogar, dass der Beschaffungsprozess zu einem Großteil „remote“ erfolgt. Kunden suchen im Netz nach Informationen, sind es gewohnt Abstimmungen über Telefonkonferenzen, E-Mails und Online Meetings vorzunehmen. Ein persönliches Gespräch ist heute wirklich nur noch punktuell notwendig - oder aber zumindest nicht mehr mit der Intensität, wie es in der Vergangenheit der Fall war.
3. Die Skalierung des Vertriebs
Außendienstmitarbeiter, die ich kenne, betreuen in der Regel 100 – 500 Kunden, wobei die letztere Zahl schon sehr hoch gegriffen ist. Wenn Du diese Zahl erhöhen willst, musst Du weitere Außendienstmitarbeiter einstellen, weil schon allein auf Grund von Reisezeiten es nicht machbar ist, mehr Kunden in die Betreuung zu übernehmen. Hinzu kommt, dass sich der Außendienst typischerweise auf umsatzstarke Kunden konzentriert – Kunden, die ggf. hohes Potenzial haben, können oder werden nicht so betreut, wie es notwendig ist, um diese zu entwickeln. Hier greift die einfache Skalierbarkeit des Inside Sales. Je nach Aufgabe und Branche ist eine Skalierung um den Faktor 2 bis 3 im Vergleich zum Außendienst durch einen Inside Sales möglich, Du erhöhst somit signifikant Deine Reichweite im Vertrieb und hebst neue Umsatzpotenziale.
4. Moderne Technologien
wie Online Meetings, Video-/Skype-Konferenzen u.ä. erlauben es auch den „remote“ arbeitenden Inside Sales Teams, eine persönliche Beziehung zu Kunden aufzubauen und ihnen in die Augen zu sehen.
Die meisten Vertriebsansätze basieren heute bereits auf einem kombinierten Modell, sprich, es gibt einen Inside Sales und einen Außendienst. Die Herausforderung für viele Unternehmen besteht nun darin, den Wirkungskreis des Inside Sales so zu definieren, dass er seine Wirkung im gesamten Vertrieb entfalten kann. Ein effektiver Inside Sales erfordert als eine klare Einordnung das, was der Inside Sales leisten soll. Dies kann nun von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein, oftmals treffen wir aber auf die vier folgenden Konstellationen:
1. Einsatz differenziert nach Marktsegmenten
Inside Sales eignet sich erfahrungsgemäß perfekt, um den kompletten Vertriebsprozess für Kleinkunden abzubilden. Der Außendienst kann sich somit ausnahmslos um die Gewinnung, Betreuung und Entwicklung der Großkunden kümmern. Du wirst durch diesen Schritt dem Außendienst eine Riesenlast abnehmen und er kann sich auf die Kunden konzentrieren, die komplexe Ansprüche und Anforderungen haben und bei denen auch erfahrungsgemäß langwierige Verkaufsprozesse stattfinden.
2. Einsatz differenziert nach „Lifecycle Stage“
Es ist auch durchaus denkbar, Inside Sales und Außendienst gemeinsam an Kunden arbeiten zu lassen, hierbei hat es sich gezeigt, dass der Inside Sales v.a. früh im Vertriebsprozess (Kaltakquise, Leadgenerierung) und ggf. zur Betreuung nach dem Kauf besonders gut eingesetzt werden kann. Dadurch wird ein spitzer und gezielter Einsatz des Außendienstes in Situationen sichergestellt, in denen der Außendienst tatsächlich notwendig ist.
3. Einsatz differenziert nach Produkten/Services
Inside Sales ist perfekt geeignet, um sich transaktionalen Verkäufen zu widmen oder um Abschlüsse für Produkte und Services herbeizuführen, die nicht so beratungsintensiv sind und keine vor Ort Präsenz erfordern. Der Außendienst kann sich dadurch ausnahmslos auf Aufträge konzentrieren, die eine extrem hohe Beratungsintensität erfordern und eine vor Ort Präsenz tatsächlich notwendig machen.
4. Einsatz differenziert nach Regionen
Wer kennt sie nicht - die weißen Flecken in den Regionen? Setze den Inside Sales gezielt auf Regionen an, in denen es aktuell (noch) keinen Sinn macht, diese Region mit einem Außendienst zu besetzen und lass den Außendienst in Ballungsräumen die Potenziale heben und betreuen.
Du siehst, es muss nicht unbedingt Inside Sales oder Außendienst heißen, vielmehr gibt es eine Vielzahl von Szenarien, die ein Mit- und Nebeneinander von Inside Sales und Außendienst geradezu erfordern.
Aus meiner Sicht gibt es zwei spürbare Auswirkungen:
1. Viele Unternehmen machen die Erfahrung, dass die Implementierung eines Inside Sales sehr erfolgreich ist und der Inside Sales zunehmend Aufgaben übernimmt – damit einhergehend liegt die Latte für den Außendienst immer höher. Kunden wollen keinen klassischen Außendienst mehr sehen, der letztlich wie eine Brieftaube nur „Informationen transportiert“, Kunden erwarten von dem modernen Außendienstmitarbeiter mehr, viel mehr. Er muss als Berater agieren, neue Ideen auf den Tisch bringen, Lösungskompetenz an den Tag legen, dem Kunden Wertschöpfungspotenziale aufzeigen und durch tiefe Fachkenntnisse überzeugen. Geschäftsführer und Vertriebsleiter werden zunehmend zurückhaltend, was die Einstellung von Außendienstmitarbeitern betrifft, so lange diese nicht klipp und klar den Beweis angetreten haben, dass der Einsatz des Außendienstes einen definitiven, messbaren Mehrwert bringt. Die Rolle und das Profil eines Außendienstmitarbeiters wird zukünftig der Rolle eines Key Account Managers entsprechen.
2. Der Vorteil und die Notwendigkeit des Außendienstes ergibt sich ja gerade aus der vor Ort Präsenz, allerdings wird die Notwendigkeit immer weniger von Kunden erkannt oder besser gesagt, sie wollen es nicht mehr so häufig. Daher sollten sich Außendienstmitarbeiter so schnell wie möglich mit den neuen Technologien und Tools vertraut machen, die für den Inside Sales bereits Gang und Gäbe sind. Dadurch wird der Außendienst feststellen, dass er effizienter und effektiver in seiner Kommunikation mit Kunden wird, und das ist für beide Seiten ein Gewinn. So gesehen verschwimmen hier bereits die Grenzen zwischen Inside Sales und Außendienst.
Wenn der Inside Sales richtig implementiert und die Aufgaben exakt definiert sind, darfst Du davon ausgehen, dass Du die Personalkosten im Vertrieb um +/-30% reduzieren kannst, ohne an Umsatz zu verlieren, im Gegenteil – durch die höhere Skalierbarkeit sind Umsatzzuwächse mehr als wahrscheinlich.
Also, was sind die konkreten Vorteile:
Du wirst Deine „Kosten pro Kontakt/Gespräch“ signifikant reduzieren und gleichzeitig die Anzahl der Kontakte/Gespräche mit Kunden drastisch steigern.
Du wirst einen signifikanten Umsatzzuwachs bei Kunden verzeichnen, die für den Außendienst keine oder die niedrigste Priorität hatten, denn für den Inside Sales sind diese "uninteressanten Kunden" auf einmal absolute Ziel-/Fokuskunden.
Du erhöhst die Reichweite Deines Vertriebs, da der Inside Sales nicht nur schneller, sondern auch regional unabhängig agieren kann.
Du erhöhst signifikant Deine Reaktionszeiten und die Geschwindigkeit, da ein professionell organisiertes Inside Sales Team so gut organisiert und aufgestellt ist, dass schnellstmögliche Reaktionszeiten garantiert sind.
Du wirst Deine Effektivität spürbar steigern, da Du gemäß den o.g. vier Konstellationen den Inside Sales auf bestimmte Kundensegmente, Produkte/Services, Aufgaben und/oder Regionen einsetzen kannst.
Du sicherst Dir die höchste Flexibilität im Rahmen einer geplanten Skalierung im Vertrieb, ohne dass Du dabei mit Themen wie Umzug o.ä. konfrontiert wirst.
Du erhöhst kontinuierlich die Qualität, da das Management eines Inside Sales Teams per se einfacher, zielgerichteter und nachhaltiger möglich ist, als beim Außendienst. Das Inside Sales Team ist in der Regel an einem Ort ansässig, die Mitarbeiter arbeiten im Team und die Führungskräfte sind permanent in Reichweite. Dies garantiert eine bessere, da intensivere Kommunikation und Austausch.
Happy selling
Philipp Moder
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Bildquelle:
Adobe Stock / eelnosiva
Philipp Moder, Gründer von Phocus Direct Communication, ist ein anerkannter Experte und Speaker im B2B-Vertrieb und Marketing, spezialisiert auf Vertriebsunterstützung/- outsourcing, Leadgenerierung, Inbound Marketing, Net Promoter Score und Customer Experience. Seit 1995 treibt er mit über 60 Mitarbeitern und Freelancern Innovationen voran, um B2B-Unternehmen zu messbarem Erfolg zu verhelfen. Seine Passion ist es, täglich Neues zu entdecken und sein Wissen durch Blogs, LinkedIn und auf Veranstaltungen zu teilen.
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