Kundenbefragung mit NPS®– Die Anatomie eines Promotoren
Promotoren sind loyale Fans und der Schlüssel zu profitablem Wachstum. Sie empfehlen Dein Unternehmen weiter, verteidigen Deine Marke und setzen ihre...
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17.01.2017 | Philipp Moder
Passiv Zufriedene in NPS®-Umfragen: Weder Promotoren noch Kritiker, doch mit Potenzial. Erfahre, wie diese Kunden ticken und wie Du durch aktiven Dialog und Kundenbindung diese preissensitiven, leidenschaftslosen Kunden zu loyalen Kunden entwickelst. Nutze NPS®-Befragungen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und Begeisterung zu wecken. Denn Zufriedenheit bedeutet nicht gleich Loyalität.
An dieser Stelle wollen wir genauer auf die Charakteristika eines passiv Zufriedenen in einer NPS® (Net Promoter® Score) Umfrage eingehen. Was geht in ihm vor und welche Beweggründe stecken dahinter?
In einem andren Blogbeitrag haben wir uns bereits mit der Anatomie eines Kritikers beschäftigt. Dort haben wir beispielhaft skizziert, wie es zu einem Kritiker kommen kann und was Du im Umgang mit Kritikern bei einer Kundenumfrage mit dem Net Promoter® Score beachten solltest.
Wenn wir einen Promotor als einen Kunden definieren, der Dein Unternehmen aktiv weiterempfiehlt und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig wieder bei Dir bestellt, von wie vielen Unternehmen würdest Du Dich selbst als Promotor bezeichnen? Unsere Erfahrung zeigt, dass Du diese Firmen wahrscheinlich an einer Hand abzählen kannst, oder?
Und wenn wir einen Kritiker als einen Kunden bezeichnen, der seinen Unmut über das Produkt bzw. die Dienstleistung eines Anbieters öffentlich mitteilt, in sozialen Netzwerken teilt und geradezu davon abrät, mit diesem Unternehmen zusammenzuarbeiten – von wie vielen Unternehmen würdest Du Dich selbst als Kritiker bezeichnen? Ich gehe davon aus, dass es sich hierbei auch um einige wenige handelt.
Aber wie sieht es bei den sogenannten „passiv Zufriedenen“ im NPS® aus? Welchen Charakter hat dieser Befragte? Über wie viele Unternehmen sagst Du „passt schon“ und warum? Und was solltest Du in Deinem Unternehmen bei diesen Kunden beachten?
Genau das entspricht oft der Realität, wenn der Net Promoter® Score erhoben wird bzw. NPS®-Erhebungen durchgeführt werden. Oftmals befindet sich der Großteil der Teilnehmer/Befragten auf der Skala mit den Werten 7 und 8, die sogenannten „passiv Zufriedenen“. Die passiv Zufriedenen sehen keine fundamentalen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Deinem Unternehmen, sind also durchaus zufrieden, andererseits sind sie auch (noch) nicht bereit, Dein Unternehmen weiterzuempfehlen, und ob diese Kunden auch zukünftig bei Dir kaufen, kann in puncto Kundenbindung nicht genau prognostiziert werden. Ich bezeichne die passiv Zufriedenen auch gerne als „leidenschaftslos“ hinsichtlich ihrer Beziehung zu dem Anbieter/Geschäftspartner.
Hier liegt übrigens auch ein riesengroßer Unterschied von klassischen Umfragen zur Kundenzufriedenheit und der Net Promoter® Score-Methodik. Klassische Befragungen würden Kunden, die auf der Skala von 0 bis 10 mit 7 oder 8 antworten, tendenziell eher als „zufriedene Kunden“ kategorisieren, geht die Bewertung doch klar Richtung „zufrieden“. Aber Zufriedenheit reicht beileibe nicht aus, ist bekanntermaßen eine vergangenheitsorientierte Kennzahl und in einem wettbewerbsintensiven Markt nur bedingt als belastbare Kenngröße geeignet. Der Net Promoter® Score ist dagegen zukunftsorientiert, misst die Bereitschaft zur Weiterempfehlung und der Wiederkaufsabsicht.
Es lohnt sich, auch hier tiefer einzutauchen, um zu verstehen, wer die passiv Zufriedenen eigentlich genau sind, um den Charakter dieser Kundenkategorie zu verstehen. Am Ende des Artikels wirst Du dann auch sicherlich nachvollziehen können, warum die passiv Zufriedenen bei der Berechnung des NPS® eben nicht berücksichtigt werden – eine Frage, die uns von Kunden immer wieder gestellt wird.
Lass mich dies wieder anhand eines Beispiels erläutern. Es gibt immer wieder Phasen, in denen ich relativ viel auf Reisen bin und somit zählen Hotelübernachtungen zum täglich Brot. Und ich habe in fast jeder Stadt meine persönlichen Lieblingshotels: In Stuttgart präferiere ich das Mövenpick am Flughafen, in Düsseldorf das Maritim am Flughafen, in Frankfurt das Lindner Main Plaza oder das Roomers, in Hamburg das Hyatt, in Berlin das Marriott am Potsdamer Platz usw. Was haben diese Hotels nun gemeinsam, dass ich sogar die ein oder andere Unannehmlichkeit auf mich nehme (Terminverschiebung auf Grund von ausgebuchten Hotels, längere Anreise zum Standort des Kunden o.ä.), um sicherzustellen, dort übernachten zu können und jederzeit proaktiv diese Häuser an Kollegen und Geschäftspartner weiterempfehle, obwohl es auch günstigere Übernachtungen geben würde?
Die erste Gemeinsamkeit ist, dass alle Häuser Raucherzimmer anbieten. Also für all diejenigen unter Euch, die es noch nicht wussten, ja, ich zähle zu der Spezies, die einer Zigarette immer noch viel Lebensgefühl abgewinnen.
Aber natürlich gibt es in den o.g. Städten mehrere Hotels, die Raucherzimmer anbieten, warum also gerade diejenigen? Nun wird es sehr individuell: Am Mövenpick in Stuttgart schätze ich die Küche, die Zimmereinrichtung und den Service sehr, das Maritim in Düsseldorf punktet mit einer Dame aus dem Zimmerservice, die sich unfassbar genau an meine Bestellungen erinnert (bspw. Cappuccino mit 4 bis 5 Zucker) und quasi schon, bevor ich die Bestellung aufgegeben habe, weiß, was ich möchte, und sobald ich die Nummer des Room Service angerufen habe, meldet sie sich mit „Schön, dass Sie wieder bei uns sind, Herr Moder“.
Auf der anderen Seite gibt es einige Hotels, die ich nie mehr besuchen werde, auch hier aus den unterschiedlichsten Gründen, und auch hier gebe ich Kollegen und Geschäftspartnern den „guten Rat“, dieses Haus zu meiden.
Zwischen diesen beiden Extremen gibt es nun eine große Menge an Hotels, das eine besser, das andere schlechter, die ich bei Hotelbuchungen überhaupt nicht auf dem Schirm habe, sie existieren in meiner Wahrnehmung also fast gar nicht. Wenn ich nun wirklich hin und wieder in die Situation komme, auf eines dieser Hotels aus der „grauen Masse“ zurückgreifen zu müssen, da meine favorisierten Häuser ausgebucht sind und der Termin nicht verschoben werden kann, so wird es oftmals eine reine Preisentscheidung, Hotels werden dann zu einem „Commodity-Produkt“.
Das mag hart, übertrieben erscheinen, aber das spiegelt letztendlich die passive Beziehung zu einer Marke wider, sie ist – wie oben erwähnt – leidenschaftslos. Und die unpersönlichen Nachrichten und Angebote, die nichts Gutes in puncto Customer Services bedeuten, die mir diese aus der Not geborenen Hotels im Nachgang senden, landen oftmals direkt im Ordner „Gelöschte Objekte“. Warum? Weil sie nicht verstehen, dass es mir nicht um Punkte sammeln geht. Weil sie mich nicht fragen, wie ich mich bei dem Aufenthalt gefühlt habe und ob es Punkte gibt, die mir bei einem nächsten Besuch wichtig sind o.ä.
Somit lässt sich statuieren, dass Unternehmen mit einer hohen Anzahl an passiv Zufriedenen stark auf Umsatz und nicht auf den Kunden fokussiert sind. Umsatz zu erzielen ist relativ einfach, loyale Kunden zu gewinnen dagegen nicht – es bedarf mehr als der Erfüllung des Grundbedürfnisses, in diesem Fall der Übernachtung. Es bedarf eines Erlebnisses, mag es noch so klein sein.
Das Schaffen dieses positiven Kundenerlebnisses macht den Unterschied zwischen passiv Zufriedenen, die wie durch eine Drehtür kommen und gehen, und loyalen Promotoren, die kommen, um zu bleiben – Kundenloyalität eben.
Ich kann mich auch noch gut an ein anderes Beispiel erinnern. Als mein heute erwachsener Sohn noch nicht wirklich über die Tischplatte gucken konnte, gab es für ihn nur Kellogg's Cornflakes. Nicht unbedingt, weil die Kellogg's besser waren als die Cornflakes von einem anderen Anbieter, vielmehr weil Kellogg's regelmäßig Spiele, Spielfiguren u.ä. in den Cornflakes-Packungen als Zugabe verabreichte. Dadurch hat Kellogg's es geschafft, bereits ein Kind in jungen Jahren zum Promotoren zu entwickeln.
Nun zu der Frage, die uns oft von unseren Kunden gestellt wird: Warum werden die passiv Zufriedenen bei einer Kundenbefragung mit der Methodik des NPS® nicht berücksichtigt, sie weisen doch eine deutlich positive Tendenz auf?
Kurz und knapp gesagt: Weil die passiv Zufriedenen keinen wirklich Einfluss und Bedeutung im Rahmen der Loyalität haben.
Wenn Du mehr Promotoren als Kritiker aufweist, dann ist dies ein klarer Indikator für Wachstum. Analog gilt umgekehrt, dass mehr Kritiker als Promotoren für Rückgang stehen. Mehr passiv Zufriedene zu haben, ist kein Indikator für irgendetwas, höchstens, dass Du noch nicht genug für Deine Kunden tust.
Aber es wäre fatal zu glauben, dass nur weil die passiv Zufriedenen keine unmittelbare Auswirkung haben, sie auch nicht wichtig sind. Ganz im Gegenteil, es liegt an Dir, die passiv Zufriedenen in loyale Promotoren zu wandeln, der Schritt ist gar nicht so weit.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die passiv Zufriedenen Deinem Unternehmen in den nächsten Monaten den Rücken kehren, ist nicht von der Hand zu weisen – wobei dies natürlich von den zu Grunde liegenden Verträgen abhängt. Die passiv Zufriedenen verspüren keine Bindung, die Wahrscheinlichkeit, dass sie einem aggressiven Werben Deines Mitbewerbs erliegen, ist relativ hoch. Daher ist es enorm wichtig, in den aktiven Dialog zu gehen, Anforderungen und Bedürfnisse zu verstehen, um Optimierungen zu schaffen, die zu einer Weiterempfehlung führen.
1. Passiv Zufriedene verspüren keine Loyalität gegenüber Deiner Marke
Sie sind eben leidenschaftslos. Schlechte Erfahrungen teilen sie genauso wenig wie die aktive Weiterempfehlung Deines Unternehmens. Sie sind einfach nicht greifbar, sogar Kritiker sind hier einfacher zu erfassen. Um diese Kunden zu loyalen Promotoren zu entwickeln, musst Du Deinen Kunden aufzeigen, dass Du wesentlich mehr als ein Produkt oder eine Dienstleistung bist. Schaffe eine Kundenbindung.
2. Passiv Zufriedene sind sehr preissensitiv
Wie oben beschrieben vergleichen die passiv Zufriedenen in der Regel viele verschiedene Angebote, da sie eben keine oder nur marginale Unterschiede zwischen Dir und dem Mitbewerb erkennen können. Dies führt zwangsläufig zu einer preisgetriebenen Entscheidung. Sollte Dein Unternehmen als Preisführer am Markt agieren oder das Ziel die Preisführerschaft sein, dann wären die passiv Zufriedenen keine große Herausforderung für Dich. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, führt ein hoher Anteil von passiv Zufriedenen zu einem spürbaren Margenverlust. Auch hier gilt: Sprich mit Deinen Kunden, finde heraus, ob tatsächlich der Preis das ausschlaggebende Kriterium ist. Wie so oft wird dies nur in Ausnahmefällen gegeben sein, es bedarf also nur etwas mehr Anstrengung, um den passiv Zufriedenen zu einem loyalen Promotoren mit guter Marge zu entwickeln.
3. Zufriedenheit hat nichts mit Loyalität zu tun
Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Zufriedenheit ist vergangenheitsorientiert und misst den Grad der erfüllten Erwartungshaltung, daraus resultieren unzufriedene, zufriedene oder begeisterte Kunden. Loyalität ist zukunftsorientiert und misst die Weiterempfehlungsbereitschaft sowie die Wiederkaufsabsicht. Begeisterte Kunden sind also diejenigen, die schon sehr nah am Promotoren sind. Eine nachhaltige, langfristige Kundenbeziehung mit zufriedenen Kunden aufzubauen ist schwierig, fast nicht machbar. Die Aufgabe besteht also darin, durch eine NPS®-Befragung herauszufinden, was die Kunden brauchen, um nicht nur zufrieden, sondern begeistert zu sein.
In vielen Diskussion und Gesprächen wird meistens sehr stark auf die Kritiker und die Promotoren abgestellt, die passiv Zufriedenen fristen ein ungerechtfertigtes stiefmütterliches Dasein. Sie sind genauso wichtig wie Kritiker und Promotoren – und vor allem sind viele der passiv Zufriedenen am Sprung zum loyalen Promotoren, wenn Du Deinen Kunden zuhörst und es schaffst, ihre Leidenschaft für Deine Marke zu wecken.
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Der nächste Blogartikel zu den unterschiedlichen Kunden-Charakteren heißt "Kundenbefragung mit NPS®– Die Anatomie eines Promotoren"
Happy customers
Philipp Moder
Philipp Moder, Gründer von Phocus Direct Communication, ist ein anerkannter Experte und Speaker im B2B-Vertrieb und Marketing, spezialisiert auf Vertriebsunterstützung/- outsourcing, Leadgenerierung, Inbound Marketing, Net Promoter Score und Customer Experience. Seit 1995 treibt er mit über 60 Mitarbeitern und Freelancern Innovationen voran, um B2B-Unternehmen zu messbarem Erfolg zu verhelfen. Seine Passion ist es, täglich Neues zu entdecken und sein Wissen durch Blogs, LinkedIn und auf Veranstaltungen zu teilen.
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