Marketing und Vertrieb im B2B als Team: ein gemeinsames Kundenbild
Alle Abteilungen in einem Unternehmen haben am Ende dasselbe Ziel: Neue Kunden zu gewinnen und die bestehenden möglichst lange zu halten. Marketing...
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01.02.2024 | Marcel Schreyer
Wieder mal keine Idee, welches Thema Sie für die nächste Content-Kampagne verwenden sollen? Ihr neuer Marketing-Claim hört sich total nichtssagend an? Sie sind unsicher, ob Sie auf Facebook, Instagram oder doch lieber auf LinkedIn posten sollen?
Der Grund für alles drei könnte sein: Sie kennen Ihre Zielgruppen nicht gut genug und denken nicht aus deren Perspektive. Sie stützen sich nur auf Vermutungen und eigene Ideen.
Die Lösung: Führen Sie regelmäßige Kundeninterviews. Sie sind aus meiner Sicht die einfachste Methode, um Daten und Fakten über Ihre Zielgruppen zu sammeln. Darauf können Sie dann Ihre Marketing- und Vertriebsmaßnahmen aufbauen.
In diesem Leitfaden erkläre ich Ihnen detailliert, wie Sie Kundeninterviews planen, vorbereiten, durchführen und auswerten.
Kundeninterviews sind persönliche Gespräche mit Menschen aus Ihren Zielgruppen. Durch die Interviews möchten Sie die Probleme, Ziele und Bedürfnisse Ihrer Kundschaft besser verstehen lernen, um Ihre Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf sie auszurichten.
Sie führen die Interviews per Telefon oder Videokonferenz, bei Gelegenheit auch vor Ort, meist circa 15 bis 30 Minuten lang. Sie stellen Fragen und lassen die Gesprächspartner entspannt reden.
Es geht hier nicht um einfache Telefonumfragen, wo Sie immer dieselben 10 Fragen stellen; sondern um tiefergehende Gespräche, in denen Sie nicht nur oberflächliche Auskünfte erhalten.
Trotz des Begriffes sollten Sie nicht nur Kunden interviewen, sondern auch Nichtkunden: Ex-Kunden, potenzielle Kunden oder Interessenten – warum, erkläre ich später. Deshalb nenne ich die Gespräche auch Discovery-Interviews oder Zielgruppen-Interviews; der Einfachheit halber bleiben wir in diesem Text beim Begriff Kundeninterviews.
Kundeninterviews zu führen ist aufwendig. Also wozu das Ganze?
Am Ende entscheidet Ihre Kundschaft über Erfolg und Misserfolg Ihres Unternehmens; also sollten Sie bei jeder Entscheidung, die Sie treffen, die Sichtweise Ihrer Kunden berücksichtigen.
Kundeninterviews sind die beste Methode, um die Sichtweise Ihrer Kundschaft zu verstehen und tiefes Wissen über sie zu sammeln. Sie können dadurch in Zukunft Entscheidungen und Strategien auf nachweisbaren Daten und Fakten aufbauen, statt nur auf Meinungen und Vermutungen.
Die Ergebnisse aus den Interviews können Sie unter anderem für folgendes verwenden:
Kundeninterviews eignen sich auch, um Ihre Produkte und Dienstleistungen selbst weiterzuentwickeln: zum Beispiel um neue Features zu priorisieren oder zu testen. Diese Interviews sind dann Aufgabe der Produktmanager. In diesem Artikel lege ich den Schwerpunkt auf die Verwendung der Ergebnisse in Marketing und Vertrieb.
Sie wollen loslegen? Ausgezeichnet.
Sie können Kundeninterviews auf zwei Arten planen:
Wenn Sie ein Team bilden und alle einen Teil der Interviews übernehmen, kommen Sie schneller voran. Eine oder einer von Ihnen sollte jedoch zentral alle Aktivitäten koordinieren. Denken Sie bei der Planung daran, dass nicht nur die Interviews selbst Zeit kosten; Sie müssen die Termine vereinbaren, die Interviews vor- und nachbereiten und auswerten.
Welche Gesprächspartner sollten Sie auswählen? Es liegt nahe, zuerst gute Kundinnen und Kunden oder Netzwerk-Kontakte anzusprechen, die schnell zu einem Gespräch bereit sind. Das ist okay, für den Start und fürs Training.
Doch Sie möchten repräsentative Erkenntnisse über Ihre Zielgruppen gewinnen. Wenn Sie wahllos mit Personen in unterschiedlichsten Situationen sprechen, werden Sie mit den Ergebnissen nicht sehr viel anfangen können. Je beliebiger Sie Ihre Gesprächspartner auswählen, desto länger dauert es, bis Sie die erhobenen Daten auswerten können.
Konzentrieren Sie sich daher auf eine oder zwei Zielgruppen, am besten nach Marktsegment und Customer-Persona. Wie bereits erwähnt, planen Sie auch Interviews mit Menschen, die noch nicht in Ihrer Kundendatenbank stehen. Ihre Meinung ist wichtig; schließlich wollen Sie in Zukunft hauptsächlich sie überzeugen.
Wie kommen Sie an die Kontakte? Sie können interne Quellen anzapfen:
Oder Sie suchen selbst nach neuen Kontakten, zum Beispiel:
Schreiben Sie nun die ausgewählten Kontakte an und versuchen Sie, einen Interviewtermin mit ihnen zu vereinbaren. Sagen Sie klar, was Sie vorhaben und warum. Die Menschen dürfen nicht den Eindruck gewinnen, Sie würden sie hinterrücks in ein Verkaufsgespräch locken.
Machen Sie es ihnen leicht, zuzustimmen: Senden Sie am besten gleich konkrete Terminvorschläge mit oder schicken Sie einen Kalender-Link, unter dem sie sich einen passenden Termin auswählen können.
Wie bereitwillig sich Menschen zu einem Interview bereit erklären, hängt neben Ihrer Nachricht vor allem von Ihrer Zielgruppe ab: Führungskräfte in Unternehmen etwa sind natürlich schwerer zu erreichen als Privatpersonen.
Rund 20 Minuten sind nicht lange; um Ergebnisse aus den Interviews zu bekommen, müssen Sie sich gut vorbereiten. Überlegen Sie sich, welche Daten oder welches Wissen Sie bekommen möchten, und setzen Sie sich einen thematischen Schwerpunkt.
Schreiben Sie sich einige Fragen auf, die Sie stellen möchten. Erstellen Sie jedoch keinen vollständig vorgefertigten Fragenkatalog! Das Interview muss spontan sein, sowohl von Ihnen als auch von Ihren Gesprächspartnern aus. Deshalb finden Sie in diesem Artikel auch keine Vorlage oder keinen festen Fragenkatalog für Kundeninterviews. Wie Sie das Gespräch führen, erkläre ich gleich.
Erinnern Sie die Menschen einen Tag vorher nochmals an den Termin, damit sie ihn nicht vergessen. Konzentrieren Sie sich kurz vor dem Interview, prüfen Sie die Technik, stellen Sie Ihr Smartphone stumm und andere Störfaktoren ab. Legen Sie sich etwas für kurze Notizen bereit.
Ihr Gegenüber nimmt den Hörer ab oder schaltet die Webcam an: jetzt sind Sie gefordert.
Begrüßen Sie Ihr Gegenüber freundlich und bedanken Sie sich. Erklären Sie nochmals kurz den Zweck des Interviews. Zwei Sätze Smalltalk sind nicht verkehrt, mehr ist in der Regel nicht nötig. Sie möchten die Zeit gut nutzen und nicht überziehen. Starten Sie gleich mit dem Interview.
Stellen Sie nun eine relativ offene Eingangsfrage in Verbindung mit dem Thema, über das Sie sprechen möchten. Etwa:
„Wie läuft aktuell das Thema X bei Ihnen?“
„Was ist beim Thema X aktuell Ihre größte Herausforderung?“
Darauf wird Ihr Gegenüber kurz oder länger erzählen. Hören Sie aufmerksam zu und achten Sie darauf, welche Aufgaben, Probleme oder Ziele er anspricht.
Erwähnt er oder sie etwas, was Sie näher interessiert, knüpfen Sie daran an:
„Sie sagten gerade, dass X immer wieder passiert. Können Sie dazu ein konkretes Beispiel nennen?“
„Sie erwähnte gerade, dass Sie mit X Probleme haben. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?“
Durch verschiedene, wiederholte Fragen gehen Sie einer Sache auf den Grund und erfahren alles darüber, was Sie wissen möchten.
Einfache Fragen, die Sie immer wieder stellen können, sind (wenn X ein Problem ist):
Ihre Fragen müssen sich natürlich an dem orientieren, was Ihr Gegenüber sagt. Sie müssen extrem konzentriert sein und zuhören, damit Ihnen keine Aussagen entgehen, die wichtig sein könnten.
Die wiederholten Fragen helfen Ihnen nicht nur, mehr Erkenntnisse zu gewinnen. Menschen sagen oft nicht (sofort), was sie wirklich denken und fühlen. Manchmal wissen sie es selbst nicht so recht, weil sie sich bisher kaum Gedanken darüber gemacht haben.
Deshalb müssen Sie bei Aussagen herausfinden, ob sie wirklich der Realität entsprechen. Wenn Sie mehrmals nachfragen, kommen Sie den Dingen auf den Grund. Fragen Sie danach, was die Menschen tun; weniger danach, was sie denken.
Haben Sie zu einem Thema alles herausgefunden, was möglich ist, gehen Sie zum nächsten Thema über und fangen das Spiel von vorn an. So können Sie innerhalb der 15 bis 30 Minuten Ihres Kundeninterviews vielleicht 3 bis 5 Themen intensiv besprechen.
Neben den offenen Interviewfragen können Sie natürlich auch einige Standardfragen stellen, zum Beispiel:
„Auf einer Skala von 1 bis 10, wie gut finden Sie X?"
Diese Fragen sollten jedoch nur eine Ergänzung sein; dafür benötigen Sie keine Interviews, das geht mit anderen Umfragemethoden schneller und besser.
Kommen Sie rechtzeitig zum Schluss und bedanken Sie sich erneut. Fragen Sie die Person, ob ihr andere einfallen, die Sie ebenfalls interviewen könnten, und ob sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu einem Interview bereit wäre.
Direkt nach dem Gespräch sollten Sie es analysieren und auswerten. Erstellen Sie sich am besten eine Vorlage, in der Sie jeweils die Erkenntnisse aus den Kundeninterviews eintragen. Fassen Sie die wesentlichen Informationen zusammen, die Sie zu Ihrem Thema gesammelt haben. Sie können auch wörtliche Aussagen notieren und spontane Ideen, die Ihnen nach dem Gespräch einfallen.
Verfassen Sie die Dokumentation so, dass sie auch andere verstehen und nutzen können. Schließlich wollen Sie die Daten auch im Team verwenden.
Ab wann können Sie anfangen, die Kundeninterviews systematisch auszuwerten? Dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass sich die wesentlichen Aussagen zu einem Thema wiederholen und Ihnen weitere Interviews keine neuen Erkenntnisse bringen würden.
Das passiert in der Regel, nachdem Sie mit 5 bis 10 Vertretern und Vertreterinnen jeweils einer Customer-Persona gesprochen haben.
Suchen Sie nach Gemeinsamkeiten und wiederkehrenden Mustern in den Interviews: die Probleme, Ziele, Wünsche oder Motivationen, die immer wieder genannt wurden. Sie können davon ausgehen, dass diese Aspekte auf einen Großteil der betreffenden Zielgruppe zutreffen.
Analysieren Sie die dokumentierten Interviews im Hinblick auf die Fragen, die Sie hatten. Ziehen Sie die Daten heraus, die Sie benötigen. Wichtig: Stützen Sie sich niemals nur auf einzelne Aussagen. Erst wenn etwas fünfmal oder öfter gesagt wurde, können Sie annehmen, dass es ein Fakt ist. Ansonsten könnten es Sonderfälle sein, an denen Sie sich nicht orientieren möchten.
Was, wenn Sie kaum solcher Gemeinsamkeiten in den Interviews entdecken? Dann haben Sie wahrscheinlich mit unterschiedlichen Customer-Personas gesprochen. Überlegen Sie, welche das sein könnten. Führen Sie weitere Kundeninterviews mit den jeweiligen Customer-Personas durch, bis Sie die erforderliche Anzahl – 5 bis 10 – erreicht haben.
Marcel verantwortet bei Phocus Direct seit 2024 den Bereich Digitales Marketing, sowohl für die Agenturkunden als auch für PD selbst. Davor war er über 15 Jahre lang als freier Texter und Konzeptioner für B2B-Tech-Unternehmen aktiv. Er ist Digital-Nerd während der Arbeit – und liebt ansonsten Offline- und Outdoor-Erlebnisse. Im PD-Blog schreibt er rund um die Themen Inbound- und Content-Marketing und Strategie.
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